Definition

Kognitive Aktivierung zielt auf die Qualität der Auseinandersetzung mit einem Thema. Sie intendiert eine auf Verstehen abzielende mentale Auseinandersetzung der Schüler*innen mit dem Lerngegenstand (Kleickmann 2012). Der Begriff der Aktivierung bezieht sich damit auf das Denken der Lernenden und nicht auf deren Verhalten.

Schüler*innen kognitiv zu aktivieren bedeutet somit, aktive Denk- und Problemlöseprozesse in Gang zu setzen, mit dem Ziel, gut vernetzte und transferfähige Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf- und auszubauen und die Anwendung des Gelernten in neuen Zusammenhängen zu ermöglichen (Heymann 2015).

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Relevanz für die Zielgruppe

Die in wissenschaftlichen Studien nachgewiesene Wirksamkeit tiefenstruktureller Aspekte spielt bislang in der Sonderpädagogik weitestgehend noch eine eher untergeordnete Rolle. Dass die kognitive Aktivierung als Element dieser Tiefenstruktur von Unterricht die Qualität der Lehr-Lern-Prozesse positiv beeinflusst, wurde bei Schüler*innen ohne Behinderung bereits eingehend untersucht.

Aufgrund der Einschränkung der Schüler*innen  mit Hörbehinderung in ihren Körperfunktionen ist häufig der erste Reflex bei der Unterrichtsvorbereitung, das Lernen möglichst „leicht“ zu machen. Kognitive Aktivierung macht das Lernen aber zunächst schwerer (Lipowsky & Hess 2019). Kognitiv aktivierende Aufgaben können nicht durch die Anwendung von Routineschemata gelöst werden, Bekanntes ist auf neue Situationen anzuwenden und Schüler*innen werden dazu aufgefordert, in eigenen Worten ihr Verständnis einer Situation/eines Problems zu erläutern (Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg 2018).

Warum also das Thema „Kognitive Aktivierung“ für Schüler*innen  mit einer Hörbehinderung? Nicht immer befördern die Strategien und Maßnahmen für ein leichteres Lernen wirkliches Verstehen und langfristiges Lernen (Lipowsky & Hess 2019).

Vor diesem Hintergrund ist die Gestaltung einer Lernumgebung, die einerseits den Einschränkungen in den Körperfunktionen Rechnung trägt und andererseits den Aufbau von konzeptuellem Verständnis und anwendbarem Wissen intendiert, von zentraler Bedeutung.

Bei Schüler*innen mit einer Hörbehinderung ist in besonderem Maße zu berücksichtigen, dass eine kognitive Aktivierung maßgeblich vom Sprach- bzw. Textverständnis abhängig ist.

Damit die unten beschriebenen Prinzipien im Sinne einer kognitiven Aktivierung wirksam werden können, ist stets darauf zu achten, das Sprach- und Textverständnis der Schüler*innen mit Hörbehinderung zu sichern.

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Wissenschaftliche Grundlagen

Langjährige Forschung zur Unterrichtsqualität (zusammengefasst bei Klieme 2018) zeigt, dass es für die schulische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen weniger auf die sogenannten Sichtstrukturen (Organisationsformen, Sozialformen und Unterrichtsmethoden) ankommt als auf die Tiefenstrukturen des Unterrichts (siehe auch Trautwein et al. 2018).

Die Qualität der Lernprozesse wird demnach vor allem beeinflusst durch die Klassenführung (die insbesondere für effektive Lernzeit sorgt), die konstruktive Unterstützung der Lernenden (die unter anderem für Differenzierung, Lernklima und Motivation von Bedeutung ist) und eben all diejenigen Maßnahmen, die entscheidend für die Qualität der kognitiven Aktivitäten der Lernenden sind.

Analysiert man die Ergebnisse der Hattie-Studie (Hattie 2015), so finden sich darin viele Merkmale, die der kognitiven Aktivierung zugeordnet werden können, wobei in Klammern jeweils das Ausmaß der Effektstärke (cohen’s d) dieses Merkmals auf den Unterrichtserfolg ergänzt ist:

  • Feedback (d = 0.73)
  • Meta-kognitive Strategien (d = 0.69)
  • Kreativitätsförderung (d = 0.65)
  • Problemlösen (d = 0.61)
  • Lerntechniken (d = 0.59)
  • Fragenstellen (d = 0.46)
  • Forschendes Lernen (d = 0.31)

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Prinzipien und Maßnahmen

Im Unterricht lässt sich immer wieder feststellen, dass nicht alle Schüler*innen gleichermaßen kognitiv aktiviert sind. Dies könnte daran liegen, dass es die Struktur des Unterrichts einigen Schüler*innen aufgrund ihrer individuellen Lernvoraussetzungen nicht ermöglicht oder es von ihnen auch nicht eingefordert wird, am eigentlichen Denkprozess aktiv teilzunehmen (2019).

Im Folgenden werden daher die Prinzipien

  • Herstellen eines Lebensweltbezugs
  • Darbieten verschiedener Ebenen der Aneignung
  • Ermöglichen Kooperativen Lernens
  • Schaffen von Feedback-Situationen
  • Differenzieren und Individualisieren

genauer in den Blick genommen, da eine kognitive Aktivierung aller Schüler*innen über diese im Unterricht ermöglicht werden kann.

 

Herstellen eines Lebensweltbezugs

Über ein klares Herausstellen des Lebensweltbezuges kann ein hohes Maß an Motivation und somit an kognitiver Aktivierung auf Seiten der Schüler*innen erreicht werden. Grundvoraussetzung für die Gestaltung lebensweltbezogener individueller Bildungsangebote ist das Wissen der Lehrkraft um die Interessen und die Erfahrungen, die eine Schüler*in mit einem bestimmten Lerngegenstand bereits gemacht hat.

Hierfür ist es unerlässlich, die Interessen und Erfahrungen der Schüler*innen zu erforschen. In Abhängigkeit vom Lerngegenstand bieten sich dafür verschiedene Zugänge, z. B. das Erheben von Präkonzepten sowie das Sammeln von Schüler*innenfragen zu einem bestimmten Thema:

 

Darbieten verschiedener Ebenen der Aneignung

Die verschiedenen Ebenen der Aneignung beschreiben die Art und Weise, in der sich die Schüler*innen mit einem Bildungsinhalt auseinandersetzen und sich diesen zu eigen machen.

Hierbei lassen sich folgende vier Aneignungsebenen unterschieden, die jeweils in unterschiedlichen Aneignungsformen zum Ausdruck kommen (siehe Abbildung).

Nur durch die Berücksichtigung der verschiedenen Aneignungsebenen und – formen und deren passgenaue Verknüpfung bei der Ausgestaltung von Bildungsangeboten lässt sich auf Schüler*innenseite ein hohes Maß an kognitiver Aktivierung erreichen.

Die basal-perzeptive Aneignungsebene beschreibt, dass Menschen die Welt (einschließlich des eigenen Körpers) und deren Form, Beschaffenheit und Gestalt erleben, erkunden, kennen lernen und sich zu eigen machen, indem sie fühlen, schmecken, sehen, riechen, hören und spüren. Dies ist eine grundlegende, also basale Möglichkeit der aktiven Aneignung, über die jeder Mensch – zumindest in unterschiedlich ausgeprägtem Maße – verfügt.

Die enaktive (konkret-gegenständliche) Aneignungsebene beschreibt die Auseinandersetzung mit der Welt mittels äußerlich erkennbarer Aktivitäten im Umgang mit Dingen und Personen. Dazu gehört die Entdeckung von vielfältigen in der Welt und unserer Kultur vorhandenen Wirkungen und Effekten, die Wiederholung der entsprechenden Aktivitäten und das forschende Erkunden von Gegenständen, Pflanzen, Tieren und Menschen.

Die ikonische (anschauliche) Aneignungsebene beschreibt, dass Menschen sich von der Welt, von Ereignissen, Personen, Gegenständen und Zusammenhängen und vom eigenen Handeln ein Bild machen und dass sie anschauliche Darstellungen, Modelle oder Ähnliches nutzen und verstehen.

Die symbolische (abstrakt-begriffliche) Aneignungsebene beschreibt, dass Objekte, Informationen und Zusammenhänge nicht nur konkret, anschaulich und bildlich, sondern auch von der Anschauung abstrahiert und begrifflich (mit Hilfe von Symbolen und Zeichen) wahrgenommen, erkundet, erfasst, benannt und verstanden werden. Eine Auseinandersetzung mit Inhalten erfolgt hier ohne konkrete Anschauung, Erkenntnisse werden auf gedanklichem Wege gewonnen.

 

Ermöglichen Kooperativen Lernens

Das Kooperative Lernen zielt sowohl auf die kognitive Aktivierung aller Schüler*innen entsprechend ihrer individuellen Lernvoraussetzungen als auch auf den kommunikativen Austausch der Schüler*innen untereinander ab. Im Rahmen der Hattie-Studie konnte bezüglich der Wirksamkeit des Kooperativen Lernens eine hohe Effektstärke nachgewiesen werden (Kremers 2014).

Der Dreischritt des Kooperativen Lernens (Denken-Austauschen-Vorstellen oder Think-Pair-Share) (Brüning & Saum 2009) stellt die Basis Kooperativen Lernens dar:

  • Im ersten Schritt setzen sich alle Schüler*innen zunächst individuell mit einer Aufgabe auseinander. So bekommen sie ausreichend Zeit, ihr Vorwissen bzw. ihre Vorerfahrungen zu einer bestimmten Frage- oder Problemstellung, einem Text etc. zu aktivieren. Dabei ist jede*r gefordert, sich der Aufgabe zu stellen und kann nicht, wie z. B. in einem Unterrichtsgespräch, davon ausgehen, dass nur diejenigen aufgerufen werden, die sich melden. Dies fördert die individuelle Verantwortung für das Lernergebnis.
  • Im zweiten Schritt folgt nun ein Austausch mit einer Partner*in oder in einer Kleingruppe. Dabei tauschen die Schüler*innen ihre individuellen Wissenskonstruktionen aus. Wer noch Informationen benötigt, wird den anderen aufmerksam zuhören und ggf. Fragen stellen, wenn etwas unklar ist. Die anderen hingegen müssen sorgfältig und verständlich berichten, darlegen und informieren.
  • Im dritten Schritt werden die Ergebnisse der Austauschphase in der Klasse vorgestellt, geprüft und diskutiert.

Im Kern geht es also beim Kooperativen Lernen um einen strukturierten Wechsel der Sozialformen mit dem Ziel, die kognitive Aktivierung der gesamten Klasse „hoch zu halten“.

 

Schaffen von Feedback-Situationen

Die Hattie-Studie weist auf die herausragende Bedeutung des Feedbacks für das Lernen hin. Damit Feedback die Schüler*innen kognitiv aktivieren kann, darf es nicht alles vorwegnehmen, sondern sollte die Lernenden eher dazu anregen, selbst weiter nachzudenken und Lösungen zu finden.

Schüler*innen üben im Feedback, indem sie üben

  • sich dem Feedback der Mitschüler*innen zu stellen und dieses als gewinnbringend anzunehmen
  • die Meinung anderer stehen lassen zu können
  • die Beiträge anderer wertzuschätzen
  • eigene Bedürfnisse, Empfindungen und Meinungen als Feedback-Geber*in auszudrücken und dabei gleichzeitig Bedürfnisse, Empfindungen und Meinungen der Feedback-Nehmer*in im Blick zu haben
  • der Arbeitspartner*in nach einer kooperativen Phase selbst wertschätzendes Feedback zu geben bzw. rückzumelden, was sie beim nächsten Mal dazu beitragen kann, dass die gemeinsame Arbeit (noch) besser gelingt

 

Darüber hinaus bieten Feedback-Situationen vielfältige Möglichkeiten, dass Schüler*innen ihre Kompetenzen in den Bereichen Sprache und Sprechen/Gebärden, Hören und Verstehen kontinuierlich erweitern können. Dies geschieht in einem Handlungskontext, in dem Miteinander-Sprechen (oder Miteinander-Gebärden) und Einander-Zuhören bzw. Verstehen geradezu zu einem Bedürfnis werden kann.

Das in Aussicht stellen einer Feedbackrunde zu in der Klasse erarbeiteten Kriterien beispielsweise im Anschluss an eine Präsentation der Schüler*innen sorgt so dafür, dass nicht ausschließlich die präsentierenden Schülerinnen und Schüler kognitiv und sprachlich aktiviert werden, sondern dass auch den Zuhörerinnen und Zuhörern eine aktive Rolle zukommt.

 

Differenzieren und Individualisieren

Da jede scheinbar homogenisierte Gruppe sich in kurzer Zeit erneut differenziert (vgl. Klippert 2010), sind Differenzierung und Individualisierung in jeder Lerngruppe notwendig, um eine möglichst hohe kognitive Aktivierung jeder einzelnen Schüler*in zu gewährleisten.

Individualisierung nimmt die Lernvoraussetzungen einzelner Schüler*innen als Ausgangspunkt und stellt daran anknüpfend möglichst passgenaue individuelle Bildungsangebote zur Verfügung (Bohl 2014).

Differenzierung zielt nicht zwangsläufig auf das Individuum mit seinen jeweils individuellen Lernvoraussetzungen, sondern bezieht sich auf eine merkmalsbezogene Gruppierung in der Lerngruppe.

Sowohl bei der Differenzierung als auch bei der Individualisierung unterscheidet man zwischen quantitativen und qualitativen Maßnahmen.

 

In der folgenden Übersicht finden Sie Maßnahmen, die zur Umsetzung der oben aufgeführten Prinzipien zur kognitiven Aktivierung beitragen können:

Checkliste: Kognitive Aktivierung

Regen Sie bei den Schüler*innen aktive Denk- und Problemlöseprozesse an, indem Sie bei den Schüler*innen Interesse und Motivation wecken und sich an deren Lebenswelt orientieren.

Achten Sie auf den Auf- bzw. Ausbau gut vernetzter und transferfähiger Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, indem Sie die Anwendung des Gelernten in neuen Zusammenhängen intendieren.

Sorgen Sie für einen zielgerichteten Einsatz von Methoden, Sozialformen und Medien, indem sie diesen themenbezogen und schüler*innenorientiert gestalten.

Bieten Sie den Schüler*innen die Möglichkeit, sich einen Lerngegenstand auf unterschiedlichen Ebenen / in unterschiedlichen Formen anzueignen, indem sie Angebote auf basal-perzeptiver, enaktiver, ikonischer und symbolischer Ebene machen.

Achten Sie auf zielgerichtetes Feedback, indem Sie hierfür die gemeinsam mit den Schüler*innen erarbeiteten Kriterien heranziehen.

Bieten Sie Ihren Schüler*innen immer wieder die Möglichkeit, in dialogischen Austausch miteinander zu kommen, z. B. im Rahmen kooperativer Arbeitsformen.

Bieten Sie Möglichkeiten zur Reflexion, indem Sie diese konsequent in den Unterrichtsverlauf einplanen.

Berücksichtigen Sie die individuellen Lernausgangslagen der Schüler*innen, indem Sie quantitativ und qualitativ differenzieren und individualisieren.

Erarbeiten Sie einen themenbezogenen Grundwort/-gebärdenschatz, der es den Schüler*innen ermöglicht, sich sprachlich auszutauschen.

Literatur und Links

Bohl T (2014) Qualität und Heterogenität. Vortrag auf der 5. Tübinger Tagung für Schulpädagogik

Brüning L & Saum S (2009) Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen 2. Neue deutsche Schule Verlagsgesellschaft, Essen

Hattie J (2015) Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von “Visible learning”, besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler

Heymann H W (2015) Warum sollte Unterricht „kognitiv aktivieren“? In: Pädagogik. Heft 5/2015. Beltz, Weinheim

Kleickmann T (2012) Kognitiv abstrahieren und inhaltlich strukturieren im naturwissenschaftlichen Sachunterricht. Sinus, Kiel

Klieme E (2018) Unterrichtsqualität. In: Gläser-Zikuda M, Harring M, Rohlfs C (Hrsg.) Handbuch Schulpädagogik. Waxmann, Stuttgart

Klippert H (2010) Heterogenität im Klassenzimmer. Wie Lehrkräfte effektiv und zeitsparend damit umgehen können.  Beltz, Weinheim

Kremers T (2014) Wie lernwirksam ist das Kooperative Lernen? – Lernen in kooperativen Strukturen auf dem Prüfstand der Hattie-Studie. In: Terhart, E (Hrsg.): Die Hattie-Studie in der Diskussion – Probleme sichtbar machen, 2014, S. 76-86

Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg (2018) Kognitive Aktivierung im Unterricht

Leisen J (2005) Wechsel der Darstellungsformen. Ein Unterrichtsprinzip für alle Fächer. In: Der Fremdsprachliche Unterricht Englisch 78 (2005), S.9 – 11

Lipowsky F & Hess, M (2019) Warum es manchmal hilfreich sein kann, das Lernen schwerer zu machen – Kognitive Aktivierung und die Kraft des Vergleichens. In: Schöppe K & Schulz F (Hrsg.): Kreativität & Bildung – Nachhaltiges Lernen, S. 77 - 132

Lotz M & Lipowsky F (2015) Die Hattie-Studie und ihre Bedeutung für den Unterricht – Ein Blick auf ausgewählte Aspekte der Lehrer-Schüler-Interaktion. In Mehlhorn G, Schulz F & Schöppe K (Hrsg.), Begabungen entwickeln & Kreativität fördern (S. 97 – 136). Kopaed, München

Stecher M & Rauner R (2019) Unterrichtsqualität im Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation. Median, Heidelberg

Trautwein U, Sliwka A, Dehmel A (2018) Grundlagen für einen wirksamen Unterricht. Reihe Wirksamer Unterricht, Band 1. Landesinstitut für Schulentwicklung, Stuttgart

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Praxisbeispiele

Erhebung von Präkonzepten

In einer jahrgangsübergreifenden Lerngruppe (Klasse 1-3) werden die Präkonzepte der Schüler*innen zum Phänomen der Schattenbildung erhoben. Aufgrund der individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler*innen wurde hierzu die Methode Sachzeichnen („Male dich und deinen Schatten“) als Ausgangspunkt für eine Befragung genutzt.

   

Fabian, 3. Klasse

Ergebnisse der Befragung:

  • Mein Schatten ist schwarz und sieht genauso aus wie ich
  • Der Schatten bleibt immer bei mir, wenn ich weggehe, geht mein Schatten mit
  • Wenn die Sonne scheint und an meinem Körper entlang geht, sieht man den Schatten auf dem Boden
  • Manchmal ist der Schatten vor mir, manchmal ist er hinter mir
  • Auch eine Lampe kann Schatten machen
  • Der Schatten kann unterschiedlich groß sein, aber woran das liegt, weiß ich jetzt nicht

Im Präkonzept berücksichtigte Teilaspekte des Phänomens:

  • Licht verläuft geradlinig (dies bestimmt dann auch die Form des Schattens)
  • Farbe
  • Form (Formverständnis zeigt sich auch daran, dass Fabian auch den Schatten des Datums gezeichnet hat)
  • Richtung
  • Größe

Niklas, 2. Klasse

Ergebnisse der Befragung:

  • Schatten sind schwarz.
  • Wenn es Sonne gibt, dann entsteht auch Schatten.
  • Drinnen gibt es auch Schatten
    (z. B. durch Lampen, Sonne kann auch durch das Fenster)
  • Der Schatten kann auch auf einer anderen Seite sein. Die Sonne kann sich ändern. Mal ist sie da, mal ist sie da [zeigt]. So verändert sich Schatten.
  • Ein Schatten kann größer werden [steht auf und bewegt sich vorwärts und rückwärts]. „So mehr man zurücksteht, so mehr größer wird er“ [ärgert sich sichtlich, da er nicht das ausdrücken kann, was er mitteilen möchte]

Im Präkonzept berücksichtigte Teilaspekte des Phänomens:

  • Farbe
  • Form
  • Richtung
  • Größe (Abstand zwischen Lichtquelle und Gegenstand bestimmt die Größe des Schattens)


Ina, 3. Klasse

Ergebnisse der Befragung:

  • Das bin ich und drumherum ist Schatten.
  • Schatten ist schwarz, da ist es immer dunkel.
  • Beim Schatten hat man große Füße. (groß à meint vermutlich lang)
  • Man braucht Sonne, wenn man Schatten machen will.
  • Der Schatten läuft immer hinter mir her, wenn ich laufe.
  • Bei einem kleinen Baby ist der Schatten klein.

Im Präkonzept berücksichtigte Teilaspekte des Phänomens:

  • Farbe
  • Unterschied zwischen Schatten und Dunkelheit noch nicht klar
  • Form (Formverständnis des Schattenbildes noch unsicher; siehe Zeichnung)
  • Größe (Vorstellung, dass Größe eines Schattens sich verändern kann, jedoch noch keine Erklärung hierfür)

Samira, 1. Klasse

Ergebnisse der Befragung:

Aufgrund Samiras Schwierigkeiten im Bereich der Kommunikation ist eine Befragung im Sinne einer Versprachlichung des Präkonzeptes durch Samira nicht möglich. Eine Interpretation der durch sie angefertigten Zeichnung lässt aber Rückschlüsse auf ihr Präkonzept zu.

Im Präkonzept berücksichtigte/nicht berücksichtigte Teilaspekte des Phänomens:

  • Farbe
  • Ausschließlich zeichnerische Darstellung des Schattens (Gegenstand als Bedingungsfaktor bekannt? Licht als Bedingungsfaktor bekannt?)

Erhebung von Präkonzepten zu Licht und Schatten, Klasse 1-3 (Unterrichtsbeispiel Laura Theisen 2017)

 

Sammeln von Schüler*innenfragen

Zum Einstieg in das mittelfristige Unterrichtsvorhaben zum Thema „Wetter“ versammelt eine Lehrkraft ihre zweite Klasse im Kreis. Begleitend zu Wettergeräuschen, die sie über einen CD-Player einspielt, legt sie nach und nach zum Thema passende Bilder und Gegenstände aus, die zum Nachdenken anregen sollen. Jede*r Schüler*in kann sich nun etwas aussuchen, das sie/ihn besonders angesprochen hat und erzählen, was sie/er darüber schon weiß bzw. noch darüber wissen möchte (Aktivierung von Schülerfragen). Bereits in dieser Phase zeigen sich einzelne Wetterexperten in der Klasse, welche dann zu den jeweiligen Stunden als Expert*innen in den Unterricht einbezogen werden können. Diese Art des Einstiegs eröffnet allen Schüler*innen, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, Zugangsmöglichkeiten zum Lerngegenstand. Die Schülerfragen werden von der Lehrkraft festgehalten und können zur weiteren Planung z. B. nach den folgenden Aspekten kategorisiert werden:

  • Welche Fragen sind für die gesamte Klasse von Bedeutung?
  • Welche Fragen sind für einzelne Schüler*innen von Bedeutung und bieten sich z. B. für die Erarbeitung und Präsentation eines Expertenthemas an?
  • Welche Fragen sind nicht zu beantworten, bieten sich aber zur Diskussion an? (z. B. philosophische Fragen)

Nach der Kategorisierung visualisiert nun die Lehrkraft die Fragen für alle Schüler*innen gut sichtbar (z. B. auf einem Plakat) im Klassenzimmer. Sie werden nach und nach im weiteren Verlauf der Unterrichtseinheit aufgegriffen und gemeinsam mit den Schüler*innen beantwortet. Sicherlich werden im Laufe des Prozesses neue Fragen entstehen, die ebenfalls festgehalten und beantwortet werden sollen. Dafür muss die Planung eines mittelfristigen Unterrichtsvorhabens sehr flexibel gestaltet werden.

Fragen von Schüler*innen zum Thema Wetter, Klasse 4 (Unterrichtsbeispiel Ulla Bär 2011)

 

Kooperatives Lernen

In einer dritten Klasse soll eine Klassenzeitung veröffentlicht werden. Mit Hilfe der grafischen Strukturierungsform „Schnittkreis“ (Stecher 2010) notieren die Schüler*innen in einem ersten Schritt in Einzelarbeit ihre Ideen zu Themenvorschlägen, stellen sich dann in Partnerarbeit gegenseitig ihre Ergebnisse vor und halten in der Schnittstelle der Kreise die gemeinsamen Gedanken oder auch die wichtigsten Ergebnisse fest.

Schnittkreis zum Thema „Was soll in unsere Klassenzeitung?“, Klasse 3 (Unterrichtsbeispiel Lenka Höfflin 2010)

 

Feedback

In einer sechsten Klasse erarbeiten die Schüler*innen gemeinsam Kriterien für die drei Phasen des Schrittweitsprungs (Anlauf, Sprung und Landung). In der folgenden Lehr-Lern-Sequenz geben sich die Schüler*innen gegenseitig nach dem Sandwich-Prinzip gegenseitig Feedback zu den einzelnen Phasen.

Feedbackbogen zum Schrittweitsprung, Klasse 6 (Unterrichtsbeispiel Kim Schmidt 2018)

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